Nationalpark

●  Allgemeines

●  Grundsätze und Ziele der Pflege und Entwicklung im Nationalpark

 

Grundlagen


Ein Nationalpark vereint viele Aspekte – seine Quelle und Inspiration ist die Natur in all ihren Facetten. Menschen leben mit dem Nationalpark und kreieren vielseitige Aktivitäten rund um dieses besondere Fleckchen Erde. Den gesellschaftlichen Rahmen dafür bilden Naturschutz und rechtliche Vorgaben. Und natürlich beziehen diese sich nicht nur auf “93 sächsische Quadratkilometer”, denn auch der einzige Nationalpark hierzulande gehört zu einem bundes-, ja weltweiten Netz von Nationalparken.
 

Nationalparke sind weltweit Gebiete besonderer Naturschönheit und damit auch Anziehungskraft. In unseren mitteleuropäischen Kulturlandschaften geht es bei dieser Schutzkategorie vor allem darum, sich auf mindestens 75 % der Fläche von Landnutzung zu lösen. Unsere Wälder sollen sich hier von selbst in Naturwälder zurückverwandeln. Denn die Natur schrumpft infolge unseres menschlichen Tuns an vielen Stellen, parallel wächst aber auch das Verlangen nach intakten, schönen Landschaften und “unberührten” Gegenden.

Ein Nationalpark in Sachsen? Können wir uns das leisten?

Natur Natur sein lassen!
“Totholz und Gestrüpp” bieten einer Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten wertvollen Lebensraum, provozieren aber zugleich gewachsene Vorstellungen von einem “sauberen und gepflegten” Wald.
Was für Mitteleuropa gilt, gilt erst recht für den Freistaat Sachsen, dessen Natur bereits seit dem späten Mittelalter durch Bergbau, Landwirtschaft und Industrialisierung stark und fast flächendeckend verändert wurde. Und dennoch gibt es hier noch ein Fleckchen Erde, das es wert ist, Nationalpark zu sein!
Der Nationalpark Sächsische Schweiz ist der einzige Nationalpark in Sachsen und der einzige Felsen-Nationalpark in Deutschland.
Er umfasst zwei räumlich getrennte, charakteristische Ausschnitte des sächsischen Elbsandsteingebirges mit einer Fläche von 93,5 km2, das entspricht 0,5% der sächsischen Landesfläche, die so für kommende Generationen bewahrt werden sollen. Ein halbes Prozent unseres Lebensraumes, in dem die Natur und nicht der Mensch das Sagen hat.

Naturnahe Waldentwicklung mit verschiedenen Altersklassen auf kleinster Fläche
Zum Vergleich: über die Hälfte unseres Landes sind Wiesen und Äcker, 12% der Flächen beanspruchen wir für Siedlungen und Verkehr, davon allein ein Drittel für den Straßenverkehr, mit steigender Tendenz. Können wir es uns nun leisten, künftig völlig auf Nutzungen im Nationalpark zu verzichten? Einfach nur zuzuschauen, staunend zu entdecken? Wir laden Sie ein, den Nationalpark zu besuchen und sich Ihre eigene Meinung dazu zu bilden! Die Mitarbeiter unserer Nationalparkwacht stehen Ihnen gern helfend zur Seite.

Heute kommen jährlich weit über zwei Millionen Gäste in den Nationalpark. Der Nationalpark und das Landschaftsschutzgebiet Sächsische Schweiz bieten geradezu ideale Möglichkeiten, um Natur und Landschaft zu entdecken und unmittelbar zu erleben, sich aktiv zu erholen, wieder staunen zu lernen oder Ruhe und zu sich selbst zu finden.

Wenig berührte Natur ist rar in Deutschland – nur noch ein Prozent der Landesfläche ist wilde Natur. Dem stehen 99 Prozent menschlich geformte Kulturlandschaft gegenüber. Unverzichtbar ist respektvolles Verhalten in Natur und Landschaft sowie Rücksichtnahme gegenüber Anderen. Das verlangt auch ein gefühlvolles Eintreten in die Natur und unauffälliges, möglichst spurenloses Unterwegssein. Der Kletterer und Outdoor-Pionier Yvon Chouinard hat dies einmal als Wunsch ausgedrückt: „Ich stelle mir gern vor, wir haben die Freiheit zu tun, was wir wollen, solange wir Mitmenschen und die Erde nicht negativ beeinflussen.“

Grundsätze und Ziele der Pflege und Entwicklung im Nationalpark

Im Gebiet des Nationalparkes soll


1. in der Naturzone A die Entwicklung der Natur grundsätzlich ohne nutzende und lenkende Eingriffe ihren natürlichen Abläufen überlassen bleiben.
2. in der Naturzone B die Waldentwicklung durch geeignete forstliche Maßnahmen auf der Grundlage von Waldbehandlungsgrundsätzen, welche die oberste Naturschutzbehörde und die oberste Forstbehörde einvernehmlich erlassen, in Richtung der natürlichen Waldgesellschaften gelenkt werden. Abschnittsweise soll ein Zielzustand erreicht werden, der eine Waldentwicklung nach Nummer 1 ermöglicht. Ergänzend können stabile Dauerwaldstrukturen geschaffen und erhalten werden. Unmittelbar an offene Felsbildungen oder Gewässer angrenzende Bereiche sollen von Pflegeund Entwicklungsmaßnahmen ausgenommen werden.

3. in der Naturzone B das Offenland dauerhaft erhalten und gepflegt werden, soweit Gründe des Arten- und Biotopschutzes, der Erhaltung des Landschaftsbildes oder der Landeskunde dies erfordern und eine Nutzung möglich ist.

4. in der Pflegezone durch eine naturschutzgerechte Bewirtschaftung von Wald und Offenland sowie durch spezifische Naturschutzmaßnahmen die biotoptypische Artenvielfalt der heimischen Pflanzen- und Tierwelt erhalten oder erhöht werden.

5. innerhalb eines Übergangszeitraumes von etwa 30 Jahren für mindestens zwei Drittel der Fläche der Naturzone B die Voraussetzungen für eine Überführung in eine räumlich möglichst zusammenhängende Naturzone A geschaffen werden. Bis zu einem Drittel der Fläche der Naturzone B kann langfristig der Pflegezone zugeordnet werden.

6. die Bestandsentwicklung ausgewählter Tierarten mit jagdlichen Maßnahmen (Wildbestandsregulierung) unter Beachtung der gebotenen Eingriffsminimierung soweit und solange gesteuert werden, wie Belange des Schutzzweckes und andere öffentliche Interessen dies erfordern. Demnach sollen bejagt werden
a) Reh-, Rot- und Schwarzwild zur Sicherung der natürlichen Waldentwicklung,
b) Schwarzwild zum Schutz landwirtschaftlicher Nutzflächen vor Wildschäden,
c) Füchse zur Abwendung der Tierseuchengefahr und
d) im Gebiet nicht heimische Wildtierarten (Dam-, Sika-, Gams-, Muffelwild, Waschbär, Marderhund, Nutria, Mink), um einen Bestandsaufbau zu verhindern. Eine Bestandsregulierung anderer Wildtierarten ist grundsätzlich nicht vorzunehmen.
 

7. der Wildbachcharakter der Fließgewässer mit einer entsprechenden Durchlässigkeit für wasserbewohnende Tierarten erhalten oder wiederhergestellt werden, soweit Verkehrssicherungspflichten oder Erfordernisse des Hochwasserschutzes dem nicht entgegen stehen.

8. die Fischbestandsentwicklung des Fließgewässersystems der Kirnitzsch oberhalb der Mittelndorfer Mühle (Auslauf Untergraben) beobachtet werden mit dem Ziel, Maßnahmen der fischereilichen Hege auf außergewöhnliche, den natürlichen Fischbestand oder den Gewässerlebensraum gefährdende Situationen zu begrenzen. In allen anderen Fließgewässern soll die Fischbestandsregulierung durch geeignete Maßnahmen der fischereilichen Hege den Schutzzweck nach § 3 unterstützen.

9. in den Naturzonen A und B noch bestehendes Nutzungsrecht an Naturgütern, wie Holz, Wasser, Steinen und Erden, langfristig abgelöst werden.

10. durch lenkende Maßnahmen des ruhenden und fließenden Verkehrs der für Naturschutz und Erholung gleichermaßen entscheidende Ruhecharakter der Landschaft erhalten und stärker ausgeprägt werden.

11. bei zulässigen baulichen Maßnahmen eine landschaftsgebundene und örtlich gewachsene Bauweise sowie bei Erweiterungen baulicher Anlagen ein angemessenes Verhältnis zum Altbestand eingehalten werden.

12. im Rahmen der Erholungsvorsorge ein Netz einheitlich gekennzeichneter Wege (Wanderwege, Radrouten, Bergpfade, Kletterzugänge) und Aussichtspunkte, das ein intensives Erleben von Natur und Landschaft ermöglicht und Beeinträchtigungen der Naturausstattung auf ein unumgängliches Maß beschränkt, dauerhaft unterhalten werden.

13. der Ruhecharakter gefördert werden, indem insbesondere in der Kernzone Naturschutz und Bergsport nach Maßgabe von § 14 Abs. 5 Satz 3 räumlich und zeitlich entflochten werden.

14. wissenschaftliche Beobachtung und Forschung vorrangig den Fragestellungen der weiteren Entwicklung des Nationalparkes und seiner Integration in die Region dienen. Ihre Ergebnisse sollen der Nationalparkverwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen.

15. durch Informations- und Bildungsangebote sowie durch Besucherbetreuung die Umsetzung des Schutzzweckes nach § 3 unterstützt, bei der Bevölkerung Verständnis für ungestörte Naturabläufe und den Nationalpark geweckt und ein Beitrag zur allgemeinen Umweltbildung geleistet werden.

16. die Zusammenarbeit mit dem angrenzenden tschechischen Nationalpark Böhmische Schweiz und dem tschechischen Landschaftsschutzgebiet Elbsandsteingebirge gefördert werden.